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Heldenkult
#1
Hallo Forumsmitglieder

Im Rahmen meiner SVA/IDPA (Selbstvertiefungsarbeit/Interdisziplinäre Projektarbeit) schreibe ich eine Zusammenfassung sowie eine praktische Arbeit (Umfrage/Interview) über das Buch „Der Kult um die toten Helden“.

Wichtig ist dabei ebenfalls der Bezug zur Aktualität. Dazu beziehe ich mich spezifisch auf die Schweiz und ihre Helden wie Wilhelm Tell oder Arnold von Winkelried.

Dazu habe ich einige Fragen vorbereitet, von denen ich sehr froh wäre wenn ihr sie wahrheitsgemäss beantworten könntet oder mir einfach eure Meinung dazu sagen könntet. Dieser Thread kann gleichzeitig auch eine allgemeine Diskussion über das „Heldentum“ und „Mythische Heroen“ sein.


1. Welche Bedeutung haben unsere „Nationalhelden“ Wilhelm Tell und Arnold von Winkelried für Dich, inwiefern kannst Du dich mit ihnen identifizieren und wie siehst Du den Wahrheitsgehalt ihrer Taten.


2. Wo siehst Du den Zusammenhang zwischen Heldenkult und Religion und worin die Gefahren wenn sich ein Gemeinwesen an historischen Vorbildern orientiert?

3. Durch den Missbrauch des heroischen Ideals durch den Nationalsozialismus wird die Heldenverehrung in unserer heutigen Gesellschaft als gefährliches Phänomen geradezu verpönt. Welchen Weg müsste man einschlagen um das heroische Ethos wieder zu beleben und wie müsste eine solche Person oder ein solches Ideal aussehen? Ist unsere Epoche überhaupt noch fähig, Heldenbilder hervorzubringen?

Vielen Dank im Voraus für Eure Mitarbeit und aktive Kommunikation


Alex
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#2
Na dann helf ich dir doch ein bisserl bei deiner IDPA (Individuelle PROJEKTarbeit).

Zitat:1. Welche Bedeutung haben unsere „Nationalhelden“ Wilhelm Tell und Arnold von Winkelried für Dich, inwiefern kannst Du dich mit ihnen identifizieren und wie siehst Du den Wahrheitsgehalt ihrer Taten.
Für Einheimische gilt hoffentlich die totale Bedeutungslosigkeit. Im Rahmen meiner Ablehung gegen jegwelche Pro-Nationale oder Anti-Nationale Einstellungen lehne ich auch solche Heldenbilder, die untrennbar mit irgendwelchem Patriotismus/Nationalismus verbunden sind, ab.
Für den Tourismus sind solche Dinge allerdings durchaus nützlich (im wirtschaftlichen Sinn). Was nicht heissen muss, dass ich diesen Nutzen befürworte (oder ablehne), da dieses immer ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit darstellt.
Betreffend Wahrheitsgehalt: gleich Null

Zitat:2. Wo siehst Du den Zusammenhang zwischen Heldenkult und Religion und worin die Gefahren wenn sich ein Gemeinwesen an historischen Vorbildern orientiert?
Die Verbindung Heldenkult und Religion ist mir noch nicht aufgefallen Question
Was heisst hier Gefahr? Wenn sich irgendwelche Gemeinwesen an REALEN historischen Vorbildern orientiern und die RICHTIGEN SCHLÜSSE daraus zieht, nennt man das Evolution. Das bedeutet allerdings auch, Fehler einzugestehen und nicht Heldenbilder zu schaffen, denn Helden haben keine Fehler. Ergo existieren SOLCHE Helden schlichtweg nicht.
(Beispiel für einen "linken Helden": Che Guevara war ja schon gut und recht in dem was er tat, aber er war z.B. Homophob. Und dies ist ja wohl der Gipfel für einen echten progressiven, trotzdem wird er weitherum verehrt...
Nur eine Anekdote, bitte nicht weiter ausschlachten)
Sich an einer GESCHICHTE eines Tells zu orientiern kann schon i.O. sein. Man muss halt das herausziehen, was man für erstrebenswert hält.
z.B. Widerstand gegen repressive Obrigkeiten
(ich kenn die Tell-Sage jetzt nicht wirklich gut)
Beschissen finde ich es, wenn die Sage herhalten müsste, wenns um die Legitimation für den Waffenbesitz geht!! Sad

Zitat:3. Durch den Missbrauch des heroischen Ideals durch den Nationalsozialismus wird die Heldenverehrung in unserer heutigen Gesellschaft als gefährliches Phänomen geradezu verpönt. Welchen Weg müsste man einschlagen um das heroische Ethos wieder zu beleben und wie müsste eine solche Person oder ein solches Ideal aussehen? Ist unsere Epoche überhaupt noch fähig, Heldenbilder hervorzubringen?
Wieso willst du heroischen Ethos wieder beleben?
Reicht es nicht, wenn jeder seine eigenen Helden hat?
Heldenbilder müssen nicht belebt oder erstellt werden, Helden findet man v.A. im Alltag. Man muss sie allerdings SUCHEN und FINDEN! Einen vom Staat oder irgendeiner Interessensgruppe vorgesetzten Helden zu übernehmen ist lächerlich, da kann ich auch gleich zu allem Ja und Amen sagen was der Ersteller mir erzählt. Der Drang nach Freiheit führt zuerst über die eigene Meinungsfreiheit und die wird beschnitten, wenn man Leute indoktrinieren will durch stereotype Heldenbilder. Diese wären nur dafür da, den Leuten irgendwelche Ideale, die einem gerade passen zu vermitteln.
(z.B. Staatstreue bis in den Tod, indem man Soldaten posthum irgendwelche Orden verleiht und dann lange Reden für die Gefallenen schwingt, in welchen ihre Treue/Loyalität oder sonstwelchen Schmarrn gelobt wird)
Nationalismus ist, wenn ein Betrunkener sagt, seine Fahne sei die Beste. -Wolfram Weidner-
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#3
Hallo Cairo

Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten und Inputs. (Da hat sich anfangs ja noch glatt der Fehlerteufel eingeschlichen)

Cairo schrieb:Für Einheimische gilt hoffentlich die totale Bedeutungslosigkeit. Im Rahmen meiner Ablehung gegen jegwelche Pro-Nationale oder Anti-Nationale Einstellungen lehne ich auch solche Heldenbilder, die untrennbar mit irgendwelchem Patriotismus/Nationalismus verbunden sind, ab.

Begründest du das mit den Folgen die eine solche Verehrung/Einstellung nach sich zieht oder wie kommst du zu dieser Ansicht?

Cairo schrieb:Für den Tourismus sind solche Dinge allerdings durchaus nützlich (im wirtschaftlichen Sinn). Was nicht heissen muss, dass ich diesen Nutzen befürworte (oder ablehne), da dieses immer ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit darstellt.
Betreffend Wahrheitsgehalt: gleich Null

Den wirtschaftlichen Aspekt hatte ich mir bis jetzt noch nicht angesehen, interessanter Einwurf, könntest du dazu ein konkretes Beispiel nennen?

Cairo schrieb:Die Verbindung Heldenkult und Religion ist mir noch nicht aufgefallen Question

Diese Verbindung ist/war vorallem im NS-Heldenkult sehr ausgeprägt. Zum einen sind klare Parallelen zwischen den NS Heldensagen und der Bibel vorhanden, z.B. Stichwort Opferbereitschaft der "Akteure"/Apokalypse/Erlösung. (Natürlich auch zur klassischen "Märchen" Erzählung mit Prüfung/Erlösung etc...)

Zum anderen wurden auch die Totenfeiern in einem Rahmen abgehalten, der stark an religiöse Feiern erinnert.

Dies nur zur Ergänzung Wink


Cairo schrieb:Was heisst hier Gefahr? Wenn sich irgendwelche Gemeinwesen an REALEN historischen Vorbildern orientiern und die RICHTIGEN SCHLÜSSE daraus zieht, nennt man das Evolution. Das bedeutet allerdings auch, Fehler einzugestehen und nicht Heldenbilder zu schaffen, denn Helden haben keine Fehler. Ergo existieren SOLCHE Helden schlichtweg nicht.

Gefahr ist durchaus vorhanden, wenn die Vorbilder als Wertmuster für die Gesellschaft missbraucht werden, wenn Wörter wie Kampf, Ehre, Glaube, Treue als Lebensprinzipien angesehen werden. Dass man auch mit minimalen Veränderungen aus realen Personen einen solchen Vorteil schöpfen kann beweist Goebbels mit Horst Wessel.

Mit der Aussage, dass die Gemeinschaft bei richtigen Schlüssen und entsprechenden Handlungen keinerlei Gefahren eingeht, hast du aber natürlich recht.



Cairo schrieb:Beschissen finde ich es, wenn die Sage herhalten müsste, wenns um die Legitimation für den Waffenbesitz geht!! Sad

Genau, das wäre ein klassischer Missbrauch Wink

Cairo schrieb:Wieso willst du heroischen Ethos wieder beleben?
Reicht es nicht, wenn jeder seine eigenen Helden hat?
Heldenbilder müssen nicht belebt oder erstellt werden, Helden findet man v.A. im Alltag. Man muss sie allerdings SUCHEN und FINDEN! Einen vom Staat oder irgendeiner Interessensgruppe vorgesetzten Helden zu übernehmen ist lächerlich, da kann ich auch gleich zu allem Ja und Amen sagen was der Ersteller mir erzählt. Der Drang nach Freiheit führt zuerst über die eigene Meinungsfreiheit und die wird beschnitten, wenn man Leute indoktrinieren will durch stereotype Heldenbilder. Diese wären nur dafür da, den Leuten irgendwelche Ideale, die einem gerade passen zu vermitteln.
(z.B. Staatstreue bis in den Tod, indem man Soldaten posthum irgendwelche Orden verleiht und dann lange Reden für die Gefallenen schwingt, in welchen ihre Treue/Loyalität oder sonstwelchen Schmarrn gelobt wird)

Ich selber will gar nichts, es geht lediglich um die Ausgangsfrage Wink
Könntest du zu den erwähnten persönlichen Helden ein konkretes Beispiel nennen? Spontan fällt mir dazu ein, dass diese fast zwangsläufig dieselben Eigenschaften wie "vorgegebene" haben müssen und somit kein grosser Unterschied besteht ob er jetzt selbst ausgewählt oder durch den Staat eingebracht wird, da die "nachgeahmten" Tugenden dieselben bleiben.

Nochmals vielen Dank für deine Beteiligung

Alex
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#4
Zitat:Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten und Inputs.
Da bin ich wohl der einzige hier, ist eigentlich ein Geisterforum... Big Grin

Zitat:Begründest du das mit den Folgen die eine solche Verehrung/Einstellung nach sich zieht oder wie kommst du zu dieser Ansicht?
Du meinst: ich soll begründen, wieso Heldenbilder mit Nationaleinstellung verbunden ist? Wenn ja: Antwort:
Ich halte das mehr als Resultat der Beobachtung und Interpretation der eigenen Gefühle wenn von Helden gesprochen wird. Will heissen: Wenn von einem irgendeinem "Helden" gesprochen wird, wird beinahe im gleichen Atemzug auch seine Nationalzugehörigkeit erwähnt. Logischerweise will jede Nation den/die Namen für sich vereinbaren, um ein möglichst scheinendes Licht auf sich zu werfen Wink
Ich bin durchaus bereit zu glauben, dass Heldensagen ursprünglich frei von Nationalem Bezug waren. Dies dürfte aber nicht lange bestand haben.

Zitat:Den wirtschaftlichen Aspekt hatte ich mir bis jetzt noch nicht angesehen, interessanter Einwurf, könntest du dazu ein konkretes Beispiel nennen?
Ich mag mich noch spontan an die William Wallace Statue in Stirling (Scot) erinnern. Ein Monster von einer STatue, verzeichnet auf jeder Touristenkarte.
Die Tell-Spiele wären auch eines... Aber grundsätzlich lässt sich doch jede Sage/Mythos ausschlachten und du wirst wohl auch zu jeder Sage/Mythos einen (wirtschaflichen) Gewinner finden Wink

Zitat:Dies nur zur Ergänzung
Da fällt mir noch ein, dass besonders im Jihad, der religöse Aspekt eigentlich der einzige ist, der Vorgehalten wird. Allerdings fallen mir da auch nur religöse Helden ein (Mohammed z.B.)...
Na ja, kannst den Faden ja weiterspinnen wenn du willst Smile

Zitat:Gefahr ist durchaus vorhanden, wenn die Vorbilder als Wertmuster für die Gesellschaft missbraucht werden, wenn Wörter wie Kampf, Ehre, Glaube, Treue als Lebensprinzipien angesehen werden. Dass man auch mit minimalen Veränderungen aus realen Personen einen solchen Vorteil schöpfen kann beweist Goebbels mit Horst Wessel.

Mit der Aussage, dass die Gemeinschaft bei richtigen Schlüssen und entsprechenden Handlungen keinerlei Gefahren eingeht, hast du aber natürlich recht.
Na ja, Horst Wessel war ja eigentlich kein Held (oder ist der sehr knappe Wiki-Artikel ZU knapp?), sondern ist eben ein solches geschaffenes Heldenbild.
Zitat:minimalen Veränderungen
Mit deinem zweiten Absatz sehe ich, dass du mich verstanden hast Wink

Zitat:Genau, das wäre ein klassischer Missbrauch Wink
Big Grin

Zitat:Ich selber will gar nichts, es geht lediglich um die Ausgangsfrage Wink
Könntest du zu den erwähnten persönlichen Helden ein konkretes Beispiel nennen? Spontan fällt mir dazu ein, dass diese fast zwangsläufig dieselben Eigenschaften wie "vorgegebene" haben müssen und somit kein grosser Unterschied besteht ob er jetzt selbst ausgewählt oder durch den Staat eingebracht wird, da die "nachgeahmten" Tugenden dieselben bleiben.
Nein, da ich es aufgegeben habe einen "Helden" zu haben, da man bei näherem Betrachten immer enttäuscht wird. ("Helden" sind auch nur Menschen Wink)
Ich behaupte aber, dass man z.B. seine Mutter als seine persönliche Heldin erklären kann. Das kann problemlos Still und Heimlich passieren. Oder sonstwelche Personen die einem persönlich nahe Stehen.
Eine zeitlang meinte ich, dass ich Zack de la Rocha als meinen Helden ansehen könnte, aber das tu ich nicht mehr.

Ein "selbstgewählter" Held unterscheidet sich doch dadurch von einem "vorgesetzten", dass man konkret selber sehen konnte, was er/sie tat. Ein selbstgewählter Held präsentiert sich von Anfang an in totaler Natürlichkeit, mit allen Fehlern, Zweifeln und Unstimmigkeiten die zu einem MENSCHEN gehören.
Du siehst, dass ich hier mein Beispiel mit der Mutter anspreche.

Wenn man sich von der scheinbaren Notwendigkeit der (inter-)nationalen Bekanntheit einer Person lösen kann, um diese zum Helden zu machen, hat man doch wesentlich mehr von seinem Helden, da dieser viel näher an einem selbst ist. Nicht wahr? Wink
Na das war jetzt aber ein monströser Satz Cool Hoffe er ist noch verständlich?

Zitat:Nochmals vielen Dank für deine Beteiligung
yeah!

Wo musst du diese IDPA (oder doch SVA?) abliefern? Berufs(mittel)schule? Wahrscheinlich schon, hm? Welcher Beruf?
Nationalismus ist, wenn ein Betrunkener sagt, seine Fahne sei die Beste. -Wolfram Weidner-
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#5
@ Cairo

Nochmals vielen Dank. Ich habe meine Umfrage in verschiedenen Foren gepostet, die sich mit der Thematik beschäftigen, ich hoffe natürlich aber trotzdem, dass sich noch der ein oder andere User hier beteiligen wird.

Ich bin in der Ausbildung zum Mediamatiker, die Arbeit wird im Rahmen des Deutschunterrichts der technischen Berufsmaturitätsschule geschrieben. SVA/IDPA ist dabei von der IPA zu unterscheiden, die dann natürlich um einiges umfangreicher und berufsbezogen ist.

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